Bestimmung Des Ausübungspreises Und Ertragsstruktur Bei Binären Optionen

Die Binary option ist ein Finanzinstrument, das sich durch seine Einfachheit und die festgelegte Gewinn- oder Verluststruktur auszeichnet. Im Kern geht es darum, vorherzusagen, ob der Preis eines Basiswerts (wie Währungen, Aktienindizes oder Rohstoffe) bei Ablauf der Expiry time über oder unter einem bestimmten Preisniveau liegen wird. Dieses kritische Preisniveau ist der **Ausübungspreis** (auch Strike Price genannt), und die Struktur des potenziellen Gewinns wird durch die **Ertragsstruktur** definiert. Dieses Kapitel konzentriert sich ausschließlich auf das Verständnis und die Anwendung dieser beiden fundamentalen Konzepte.

Der Ausübungspreis (Strike Price)

Der Ausübungspreis ist der festgelegte Preis, zu dem die Call option oder die Put option ausgeübt wird, falls sie In-the-money endet. Er ist der Referenzpunkt für Ihre gesamte Handelsprognose.

Definition und Funktion

Der Ausübungspreis wird beim Kauf der Option festgelegt und ändert sich während der Laufzeit nicht. Er repräsentiert die Schwelle, die der Marktpreis des Basiswerts bei Ablauf überschreiten oder unterschreiten muss, damit die Option gewinnbringend ist.

**Bei einer Call Option:** Sie spekulieren darauf, dass der Marktpreis *höher* als der Ausübungspreis sein wird.
**Bei einer Put Option:** Sie spekulieren darauf, dass der Marktpreis *niedriger* als der Ausübungspreis sein wird.

Arten von Ausübungspreisen im Kontext von Brokern

Obwohl die theoretische Definition einfach ist, bieten einige Broker, insbesondere im Bereich der klassischen Optionen oder bei manchen Varianten der Binary option, verschiedene Ausübungspreise an. Bei den meisten gängigen Turbo-Optionen oder High/Low-Optionen, wie sie auf Plattformen wie IQ Option oder Pocket Option üblich sind, wählt der Händler den Ausübungspreis nicht explizit aus einer Liste, sondern er wird automatisch durch den aktuellen Marktpreis zum Zeitpunkt der Ordereröffnung bestimmt.

**At-the-Money (ATM):** Der Ausübungspreis entspricht nahezu exakt dem aktuellen Marktpreis. Dies bietet oft die höchste Payout-Rate, da die Wahrscheinlichkeit, dass der Preis leicht in eine Richtung ausschlägt, statistisch gesehen am geringsten ist.
**In-the-Money (ITM) bei Kauf:** Wenn Sie eine Call Option kaufen und der aktuelle Marktpreis bereits *über* dem angebotenen Ausübungspreis liegt (oder umgekehrt für eine Put Option), ist die Option bereits ITM. Solche Optionen bieten oft einen geringeren Payout, da die Wahrscheinlichkeit des Gewinns sehr hoch ist, aber der Broker das Risiko minimiert.
**Out-of-the-Money (OTM) bei Kauf:** Der angebotene Ausübungspreis liegt weiter vom aktuellen Marktpreis entfernt. Hier ist die Gewinnwahrscheinlichkeit geringer, aber der Broker honoriert dies oft mit einem leicht höheren Payout.

Auswahl des Ausübungspreises (Implizit)

Da bei vielen Kurzzeitoptionen der Ausübungspreis durch den aktuellen Kurs bestimmt wird, wird die Auswahl des "richtigen" Ausübungspreises faktisch zur Auswahl der richtigen **Markteinschätzung** im Verhältnis zur Expiry time.

Wenn Sie eine 5-Minuten-Option handeln, die auf einem starken Trend basiert, möchten Sie vielleicht einen Ausübungspreis wählen, der leicht weiter entfernt ist (OTM), um einen höheren potenziellen Gewinn zu erzielen, da Sie erwarten, dass sich der Trend stark fortsetzt. Dies ist ein direkter Kompromiss zwischen Risiko und Ertrag.

Szenario	Erwartete Preisbewegung	Auswirkung auf die Wahl des Ausübungspreises (Implizit)
Starker Momentum-Trade	Schnelle, deutliche Bewegung	Kann OTM gewählt werden (höheres Risiko/höherer Ertrag)
Seitwärtsmarkt/Konsolidierung	Geringe Bewegung	ATM oder leicht ITM gewählt (geringeres Risiko/geringerer Ertrag)

Die Ertragsstruktur (Payout Structure) =

Die Ertragsstruktur definiert, wie viel Sie gewinnen, wenn Ihre Vorhersage korrekt ist, und wie viel Sie verlieren, wenn sie falsch ist. Dies ist der definierende Unterschied zwischen Binary option und traditionellen Derivaten wie CFDs oder Futures (siehe Was ist der Unterschied zwischen Binäroptionen und klassischen Handelsinstrumenten?).

Feste Auszahlung (Fixed Payout)

Bei Binären Optionen ist die Auszahlungsstruktur fast immer fixiert. Das bedeutet:

**Gewinn:** Wenn die Option In-the-money endet, erhalten Sie Ihren ursprünglichen Einsatz plus einen festen Prozentsatz dieses Einsatzes als Gewinn zurück. Dieser Prozentsatz wird als Payout-Rate bezeichnet.
**Verlust:** Wenn die Option Out-of-the-money endet, verlieren Sie Ihren gesamten eingesetzten Betrag (den Einsatz).

Es gibt keine gestaffelten Gewinne oder Verluste basierend darauf, *wie weit* der Markt über oder unter dem Ausübungspreis liegt.

Berechnung des Nettogewinns

Der Nettogewinn ist der Betrag, den Sie zusätzlich zu Ihrem ursprünglichen Einsatz erhalten.

Formel:*

Nettogewinn = Einsatz * (Payout-Rate / 100)

Beispiel:*

Angenommen, Sie setzen 100 € auf eine Option mit einer Payout-Rate von 85 %.

Wenn Sie gewinnen: Sie erhalten 100 € (Einsatz zurück) + 85 € (Nettogewinn) = 185 € insgesamt.
Wenn Sie verlieren: Sie verlieren 100 € Einsatz.

Einflussfaktoren auf die Payout-Rate

Die Höhe der Payout-Rate ist nicht konstant und hängt von mehreren Faktoren ab, die direkt mit der Bestimmung des Ausübungspreises zusammenhängen:

**Volatilität:** In Zeiten hoher Marktvolatilität können die Payouts sinken, da das Risiko für den Broker steigt, dass der Markt unvorhersehbar schwankt.
**Restlaufzeit (Expiry Time):** Kürzere Laufzeiten (z. B. 60 Sekunden) haben oft niedrigere Payouts als längere Laufzeiten (z. B. 1 Stunde), da die Vorhersage kurzfristig schwieriger ist.
**Basiswert:** Hochliquide Paare (z. B. EUR/USD) haben oft standardisierte Payouts, während exotische Paare oder Indizes variieren können.
**Ausübungspreis-Positionierung:** Wie oben erwähnt, bieten OTM-Optionen potenziell höhere Payouts als ATM-Optionen, da die Wahrscheinlichkeit des Gewinns geringer ist.

Der "Break-Even"-Punkt

Im Gegensatz zu anderen Märkten, wo der Break-Even-Punkt durch Gebühren und den Spread bestimmt wird, ist der Break-Even-Punkt bei Binären Optionen extrem einfach:

Sie müssen exakt den Ausübungspreis treffen (bei ATM-Optionen) oder ihn leicht über-/unterschreiten, um zu gewinnen.
Wenn die Option exakt auf dem Ausübungspreis endet (bei vielen Brokern), gilt dies als Verlust oder "Push" (Einsatz wird zurückerstattet), abhängig von den spezifischen AGBs.

Um profitabel zu sein, müssen Sie mehr als 50 % Ihrer Trades gewinnen, wobei die erforderliche Gewinnrate direkt von der durchschnittlichen Payout-Rate abhängt.

Durchschnittlicher Payout	Erforderliche Trefferquote zum Break-Even
70%	58.8% (100 / 170)
80%	55.6% (100 / 180)
92%	52.1% (100 / 192)

Dies unterstreicht die Bedeutung des Risk management und der Position sizing. Selbst eine kleine Abweichung von der erforderlichen Trefferquote kann schnell zu Verlusten führen, was die Notwendigkeit einer soliden Strategie, die auf technischen Analysen wie Candlestick pattern oder der Nutzung von Indikatoren wie dem RSI basiert, verdeutlicht.

Praktische Anwendung: Einstieg und Ausstieg basierend auf Preisniveau =

Die Bestimmung des Ausübungspreises ist untrennbar mit der Chartanalyse verbunden. Händler nutzen technische Werkzeuge, um den wahrscheinlichsten Zielpunkt für den Ausübungspreis zu identifizieren.

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Orderplatzierung

Diese Schritte gelten für einen typischen High/Low-Trade auf einer Handelsplattform.

**Marktanalyse und Indikatorwahl:** Wählen Sie einen Basiswert und wählen Sie eine Expiry time. Analysieren Sie den Markt mithilfe von Indikatoren wie Bollinger Bands oder dem MACD. Identifizieren Sie kurzfristige Unterstützungs- und Widerstandszonen, die als potenzielle Ausübungspreise dienen könnten.
**Prognoseformulierung:** Entscheiden Sie, ob der Preis bei Ablauf über (Call) oder unter (Put) einem bestimmten Niveau liegen wird.
**Plattform-Check:** Navigieren Sie zur Handelsmaske auf Ihrer Plattform (z. B. IQ Option). Die Plattform zeigt den aktuellen Marktpreis an.
**Ausübungspreis-Bestimmung (Implizit):**

   *   Wenn Sie eine sehr kurzfristige Option wählen (z. B. 1 Minute), wird der Ausübungspreis fast immer der aktuelle Marktpreis sein. Ihre Analyse muss sich auf die Bewegung *innerhalb* dieser Minute konzentrieren.
   *   Wenn Sie eine längere Laufzeit wählen, können Sie manchmal sehen, welche Preisniveaus der Broker als potenzielle Ausübungspreise anbietet. Wählen Sie das Niveau, das am besten zu Ihrer Erwartung passt, ob es nun leicht aggressiv (OTM) oder konservativ (ATM) ist.

**Einsatzfestlegung:** Bestimmen Sie die Höhe des Einsatzes unter strikter Beachtung des Tägliche Verlustbegrenzung Und Positionsgrößenbestimmung. Setzen Sie niemals mehr als 1–3 % Ihres Gesamtkapitals pro Trade.
**Payout-Überprüfung:** Vergewissern Sie sich, dass der angezeigte Payout für die gewählte Kombination aus Basiswert, Laufzeit und implizitem Ausübungspreis akzeptabel ist (z. B. über 80 %).
**Orderausführung:** Klicken Sie auf "Call" oder "Put". Der Trade wird mit dem festgelegten Ausübungspreis und der Expiry time ausgeführt.
**Überwachung:** Beobachten Sie, ob der Marktpreis bei Ablauf über oder unter dem Ausübungspreis liegt.

Validierung und Invalidation

Da der Ausübungspreis durch den aktuellen Kurs fixiert wird, validieren oder invalidieren Sie Ihre Entscheidung nicht den *Preis* selbst, sondern die *Annahme*, die Sie über die Richtung getroffen haben.

**Validierung:** Der Marktpreis bewegt sich nach der Ordereröffnung in die erwartete Richtung und entfernt sich deutlich vom Ausübungspreis.
**Invalidierung:** Der Marktpreis bewegt sich gegen Ihre Prognose und schließt die Expiry time auf der falschen Seite des Ausübungspreises ab, was zum Verlust des Einsatzes führt.

Ein wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Analyse von Support and resistance-Levels. Wenn Sie erwarten, dass ein Kurs an einem starken Widerstand abprallt, sollte Ihr Ausübungspreis knapp *unter* diesem Widerstand für eine Put Option liegen, da dies der Punkt ist, an dem die Verkaufsorder wahrscheinlich aktiv wird.

Realistische Erwartungen und Risikomanagement =

Die Struktur des festen Verlusts und des festen Gewinns macht das Risk management bei Binären Optionen einzigartig einfach, aber auch gnadenlos.

Der Mythos des garantierten Gewinns

Es gibt keine Handelsstrategie, die garantiert, dass der Preis den Ausübungspreis immer in die richtige Richtung durchbricht. Auch wenn Sie eine perfekte Elliott wave Analyse oder ein klares Candlestick pattern sehen, kann der Markt durch unvorhergesehene Nachrichten oder Manipulationen kurzzeitig gegen Sie laufen.

**Falsche Erwartung:** "Wenn ich 85 % Payout bekomme, muss ich nur 55 % gewinnen, um reich zu werden."
**Realität:** Selbst wenn Sie 55 % gewinnen, bedeutet dies, dass 45 % Ihrer Trades Ihren Einsatz vollständig vernichten. Wenn Sie 100 Trades machen und 55 gewinnen (85 % Payout) und 45 verlieren (100 % Verlust), sieht die Rechnung wie folgt aus:

Ergebnis	Anzahl Trades	Ergebnis pro Trade (Einsatz 100 €)	Gesamtgewinn/Verlust
Gewinn	55	+85 €	+4675 €
Verlust	45	-100 €	-4500 €
Netto	100	–	+175 € (Profit)

Obwohl dies in diesem Beispiel profitabel ist, zeigt es, wie eng die Gewinnmarge ist. Ein kleiner Rückgang der Trefferquote unter 55 % führt sofort zu Verlusten. Dies erfordert eine extrem hohe Die Rolle Der Handelsdisziplin Bei Binären Optionen.

Umgang mit Marktstrukturen

Die Wahl zwischen einem Call oder Put hängt davon ab, welche Marktstruktur Sie erwarten, die den Ausübungspreis beeinflusst:

**Trendmärkte:** Hier sind Trades einfacher, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass der Preis die anfängliche Richtung beibehält. Hier kann man etwas aggressiver mit OTM-Ausübungspreisen spielen, um den Payout zu maximieren.
**Seitwärtsmärkte:** Hier ist die Wahl des Ausübungspreises kritisch. Ein Trade knapp über oder unter einer engen Handelsspanne ist oft sicherer, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass der Preis diese Spanne nicht verlässt. Die Payouts sind hier oft niedriger.

Praktische Checkliste für die Ordererstellung

Bevor Sie eine Order platzieren, stellen Sie sicher, dass Sie die folgenden Punkte überprüft haben, die direkt mit Ausübungspreis und Ertrag zusammenhängen:

Habe ich die aktuelle Expiry time gewählt, die zu meinem Analysehorizont passt?
Ist der zugrundeliegende Trend klar genug, um eine Richtungsprognose zu rechtfertigen?
Habe ich den aktuellen Marktpreis als Referenz für den impliziten Ausübungspreis akzeptiert?
Ist der angebotene Payout hoch genug, um meine erforderliche Break-Even-Quote zu rechtfertigen?
Habe ich mein Position sizing gemäß meinem Risk management-Plan festgelegt?
Habe ich die Möglichkeit eines kurzfristigen Rücksetzers (Noise) einkalkuliert, der mich Out-of-the-money enden lassen könnte?

Das Verständnis, dass der Ausübungspreis der Ankerpunkt ist und die Ertragsstruktur die Rendite dieses Ankers festlegt, ist der Schlüssel zur Beherrschung der Binary option. Jeder Versuch, den Ausübungspreis zu "manipulieren" (indem man extrem OTM geht), führt direkt zu einer Verschlechterung der Ertragsstruktur (niedrigere Gewinnwahrscheinlichkeit).

Siehe auch (auf dieser Seite)

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